Der Shitstorm-Sommer 2012

#McDStories: Die Story eines gewaltigen Misserfolgs

Die Bezeichnung „Shitstorm“ ist eigentlich unwürdig. Inhaltlich trifft der Fäkaliensturm zwar das, was er ist, aber es gibt doch wahrlich schönere Namen. Nur: braucht ein Shitstorm überhaupt einen schönen Namen?

Ein Shitstorm ist bekanntlich das Überschwemmen einer Fan- oder Website eines bestimmten Unternehmens oder einer Gruppe mit z.T. sehr beleidigenden Inhalten zu einem bestimmten Thema. Das hatten wir Anfang des Jahres mit Dirk Nowitzki und der ING DiBa oder dem #McDStories-Desaster bei McDonald’s, das gab es eingeschränkt mit dem Pedobear-Zwischenfall bei Kitkat oder jetzt im Sommerloch mit dem Kundenservice bei Vodafone, dem „Wissens“-Magazin Galileo usw. Werder-Bremen-Fans, die gegen den Geflügelproduzenten Wiesenhof als neuen Sponsor protestieren, haben sogar eine eigene Facebookgruppe gegründet, die seit Gründung am 8. August fast 21.000 Fans vorweist!

Wie kommt das zustande? Sind plötzlich alle Leute zu Kritikern geworden? Mir erscheint es eher so, als ob die Leute sich endlich ihrer Macht als Konsument bewusst werden. Nur muss man mit dieser Macht auch umzugehen wissen. Ist wirklich alles, was kritisiert wird, auch kritikwürdig? Ich wurde letzte Woche beispielsweise böse von einem Verkäufer im Feinkostgeschäft angegangen. Der hitzige Italiener gab mir zu Verstehen, dass man bereits geschlossen habe und mich nicht mehr bedienen werde. Dass ich allerdings rechtzeitig einkaufte und lediglich die langsame Bedingung an der Fleischtheke alles verzögerte: davon war natürlich keine Rede.

Doch der Unterschied ist, dass ich keinen erbosten Kommentar auf die Facebookseite des Unternehmens setze. Zwar war es weiterhin unhöfliches Verhalten, das man mir gegenüberbrachte, doch das sind Momentaufnahmen. Das kann ich verzeihen. Was man jedoch in seiner Rage mal schnell bei Facebook oder anderen Netzwerken loslässt, das bleibt. Das hat Folgen. Das kann ganze Unternehmen ins Taumeln bringen.

Die Facebook-Fanpage der ING DiBa wurde wochenlange von wütenden Vegetariern belagert.
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 Wir Konsumenten haben im Internetzeitalter große Macht. Viele Unternehmen wissen das auch – und sie fürchten uns bereits. Noch ist der Bildungsstand in der Bevölkerung zu unterschiedlich, als dass dies eine kolossale Gefahr darstellt, doch mit jedem Jahr und mit jeder älter werdenden Generation erhöht sich die Zahl derer, die mit dem sozialen Netz umgehen können. Die es ermöglichen, ewige Konzerne zu stürzen. Aber denkt daran, dass mit großer Macht auch große Verantwortung kommt.

Nicht jedes Unternehmen verdient eine große Hetzkampagne; manchmal nur wegen eines kleinen unfreundlichen Verkäufers.

Christian Allner, M.A.
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2 Gedanken zu „Der Shitstorm-Sommer 2012

  1. Veronika

    Ich bin der Meinung das einem Unternehmen auf lange Sicht nichts besseres als ein Shitstorm passieren kann. Der Firmenname wird lange Zeit im Internet aktuell gehalten was den Wert der Marke steigert. McD, Vodafon etc. hat dadurch mit Sicherheit keine Kunden verloren aber ein kostenloses Marketing erhalten. Das alte Motto: Schlechte Kritik ist besser als keine Kritik. LG Vroni.

  2. S|A

    Dass es die Bekanntheit steigert, stimmt sicherlich. Doch stellt sich mir die Frage, ob ich dann dort auch kaufen würde. Verrücktes (und gääänzlich aus der Luft gegriffenes) Beispiel: Ein großes Bau-Unternehmen saniert das eigene Firmengebäude und schafft es am Ende, dass es in der Chefetage reinregnet. Würde ich die für mein Dach beauftragen wollen? O.o

    Große Konzerne können einen Shitstorm überstehen oder wie die ING Diba sogar noch etwas profitieren, aber dann muss man auch schon ein gutes SM-Team haben. Oder wie McD, Nestlé etc. einfach so gewaltig sein, dass man das aussitzen kann.

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